Für Folge 12 vom Mut Café habe ich mit Norbert Röchter gesprochen. „Vom Mörder bis zum Richter“ – so beschreibt Norbert die Bandbreite seiner Kunden. Ob es Kriminelle oder Millionäre sind, spielt für ihn keine Rolle, wenn es um’s Bootsfahren geht. Ihm sind alle Menschen wichtig. Man geht zu seiner Yachtschule Germania und erlernt das Führen von Sportbooten und Yachten. Die Leidenschaft, welche die Menschen dazu treibt, kennt er bestens. In 38 Jahren hat Norbert Röchter über 10.000 Yachtliebhaber und Motorbootfreunde ausgebildet. Und was macht ihn zum Helden des Lebens? Der „Seebär“ Norbert lässt niemanden im Stich. Auf dem Wasser und an Land. Im Video gibt er sein Mutrezept nicht nur an Sportbootliebhaber weiter.
Nelly Kostadinova: Guten Tag und herzlich willkommen zu meinem digitalen Mut Café. Ich bin heute voll ausgestattet: Mein Fernglas habe ich, mein Übungsseil, mein Tuch und die Seekarte natürlich. Könnt ihr euch vorstellen warum? Hier neben mir sitzt ein großartiger Mann. Er wird sogar „der Seebär“ genannt.
Norbert Röchter: Hallo, mein Name ist Norbert Röchter und ich führe seit 38 Jahren die „Yachtschule Germania“ und bilde aus in allen Bootsführerscheinen: Segel, Motor, alles was es gibt.
Wie viele Leute hast du denn bis jetzt schon ausgebildet?
Also, es ist schwer zu sagen, aber so über 10.000.
Eine von denen bin ich! (lacht)
In 38 Jahren. Das hört sich viel an, aber über 38 Jahre geht das schon.
Aber jetzt zur Realität, zu heute. Warum hattest du keine Zeit? Hast du so viel zu tun?
Im Moment profitiere ich so ein bisschen von Corona, weil die Leute zu Hause bleiben, hier im Land Urlaub machen, Zeit haben einen Bootsführerschein zu machen und das Geld, da sie das nicht für den Urlaub ausgeben müssen. Und natürlich kann man auch nicht die Kurse so voll machen, wie es früher mal war, sondern ich muss auf die Abstandsregeln achten und muss auf die Hygienevorschriften achten. Auch bei Prüfungen können wir nur zwei Leute mit auf‘s Schiff nehmen. Früher saßen vier bis sechs auf dem Schiff. Heute nur noch zwei. Also dadurch braucht man einfach mehr Zeit, um das Ganze durchzukriegen.
Und wie viele Leute hast du jetzt in den letzten sechs Monaten ausgebildet?
70.
Was war passiert?
Ich hatte ein Schädelhirntrauma zweiten Grades und einen Halswirbelanbruch, Querschnittslähmung konnte also nicht ausgeschlossen werden. Außerdem eine schwere Lungenquetschung, die Lunge konnte nicht mehr alleine atmen und ich wurde über Maschinen beatmet. Ich hatte verschiedene Brüche, mein rechtes Bein war zertrümmert zwischen Knie und Knöchel und dann war noch etwas mit dem linken Knie. Beim Herausschleudern hat sich das linke Knie in der Mittelleitplanke eingefädelt. Es ist abgerissen und ich war oberschenkelamputiert an dem Morgen. Ich wurde ins Koma versetzt. Da haben sich meine Angehörigen natürlich umso mehr Gedanken gemacht, aber am 8. Tag hat sich mein Geist auf den Rückweg gemacht. Er brauchte zwei Tage und am zehnten Tag war ich wieder da und habe dann selber das ganze Ausmaß der Verletzungen erfahren. Im ersten Moment habe ich gar nicht darauf reagiert, weil ich es erstmal gar nicht verstanden habe. Es war so ein großer Schreck, sodass ich ein paar Tage brauchte, um überhaupt zu verstehen, was da passiert ist. Aber irgendwann ging wieder etwas in mir los und dafür gab es einen speziellen Auslöser.
70 Leute? Das ist viel! Also ich habe gehört, dass viele Prominente bei dir waren. Stimmt das?
Ja, die geben sich natürlich auch mehr oder weniger die Klinke in die Hand. Die kennen sich untereinander. Die empfehlen mich dann auch und dann steht das auch im Express etc. drin.
Und jetzt zeig mal, wie macht man einen Palstek?
Also, ein Palstek ist eine sich nicht zuziehende Schlinge. Sie dient zum Bergen von Personen und zum Überwurf von Pollern. Dazu gibt es eine schöne Geschichte. Wenn man sich diese merkt, kann man den niemals vergessen. Wie legen die Leine auf die linke Hand und haben einen kleinen Baum. Jetzt machen wir einen See auf der Hand und haben eine Sechs. Die Schlange kommt aus dem See, geht um den Baum herum und geht von oben wieder in den See hinein. Rechts beide festhalten, am Baum ziehen und dann wird der auch als Schlinge präsentiert.
Wenn man sich diese Geschichte merkt, dann kann man das leichter. Aber die Theorie ist nicht so einfach und all diese Karten lesen zu können, das ist schon eine Kunst für sich, oder?
Das würde ich nicht sagen. Navigation ist im Prinzip einfacher, als etwas auswendig zu lernen. Und da lege ich sehr viel Wert drauf, gerade an dem Navigationsabend. Damit die Leute nach Hause gehen und sagen: „Ich habe es verstanden. Ich muss es jetzt üben, kann es aber dann.“ Und das macht den meisten am Ende sogar noch Spaß, weil sie es verstanden haben. Und die Prüfung heute ist ja Single Choice, du kriegst vier Antworten vorgegeben, eine ist richtig. Kreuzchen an der richtigen Stelle und das Ding ist erledigt. Navigation muss man immer noch so machen, wie man es früher gemacht hat, d.h. Aufgabe für Aufgabe durchziehen und wenn man das geübt hat, ist das überhaupt kein Problem. Ich habe eine Durchfallquote von unter zwei Prozent.
Das spricht für den Lehrer, oder?
Ja, es liegt daran, dass ich den Leuten nicht nur gut was erklären kann, ich kann die Leute auch dazu motivieren etwas zu tun. Das ist wichtig.
Aber die sind in der Regel motiviert, wenn sie zu dir kommen. Die haben Sehnsucht nach Freiheit, nach Seen, nach Meer, nach Ozean. Das ist so faszinierend.
Ja, das Problem ist ein anderes. Die Leute freuen sich auf den Bootsführerschein und auf das Boot fahren. Sie sagen: „Okay, zum Bootfahren brauche ich einen Bootsführerschein.“ Jetzt kommen die zu mir, z.B. beim Küstenschein, und darum gebe ich denen vorher nie ein Buch, denn wenn die sich selber vorher ein Buch holen würden und da reingucken, dann sagen die „Weißt du was, ich hole mir lieber einen Schrebergarten, ich wollte doch nur Boot fahren!“ In den Büchern sind so viele Dinge, die man nicht braucht. Ich erkläre das auch dementsprechend, aber erstmal meinen die Leute, so nach dem ersten zweiten Abend: „Das ist ja fast wie Abitur!“ Nein, das ist überhaupt kein Abitur. Man kriegt es auch nicht geschenkt, aber es ist auch kein Abitur.
Norbert, wann warst du das letzte Mal auf dem Boot?
Das letzte Mal war ich wieder vor ein paar Wochen unterwegs. Jetzt im Oktober bin ich wieder eine Woche auf dem Schiff, mit Frau und Kind. Eine Woche rund über das IJsselmeer.
Und nimmst du immer deine Frau Andrea mit?
Immer.
Ah, das ist immer eine Familienangelegenheit.
Ja, ich mache das nicht für mich alleine, das macht mir keinen Spaß, sondern wenn dann mit der ganzen Familie.
Aber erzähl uns jetzt ein bisschen mehr über das, was dich zu diesem Beruf gebracht hatte. Ich habe erfahren, dass du zuerst einen anderen Beruf hattest, oder?
Ja, ich habe etwas ganz anderes gelernt, war in einer Kundendienstschule bei Ford, da habe ich auch schon etwas mit der Ausbildung gemacht. 1978 kam ich dann dazu, selber den Bootsführerschein zu machen. Ich wollte mir ein Boot in Holland chartern und da hieß es dann: „Du brauchst keinen Schein.“ Ich wollte aber Ahnung haben. Dann habe ich damals den Schein gemacht, einen nach dem anderen, und dann kam der Besitzer der Schule oder die Besitzerin der Schule auf die Idee, ob ich nicht Interesse hätte praktischer Ausbilder zu werden. Da habe ich gesagt: „Ja warum nicht? Macht ja Spaß.“ Da kannst du Boot fahren, brauchst selber kein Boot haben, kannst Bötchen üben, kannst den Leuten was beibringen, alles schön. Drei Minuten später hatten die sich gestritten und wollten verkaufen. Ja, dann habe ich die Segelschule Germania damals gekauft, das war 1982.
Mensch, 38 Jahre! Die hast du dann übernommen?
Genau, und dann habe ich erstmal festgestellt, dass die Yachtschule einen nicht so guten Ruf hatte. Die haben den Leuten zu viel Geld für das Material abgenommen. Es ist manchmal schwierig aus einem schlechten Ruf einen guten Ruf zu machen, was mir aber gelungen ist im Laufe der Jahre.
Und wie ist dir das gelungen?
Ich arbeite sehr persönlich mit den Leuten. Ich gehe auch sehr persönlich auf sie zu.
Was gibst du uns als Rezept, an alle, die Boot fahren wollen?
Das kann man auch als Metapher sehen. Beim Bootsfahren ist der wichtigste Satz für jeden Bootsfahrer: „Der Feind kommt immer von hinten.“ Das ist im wahren Leben leider manchmal auch so. Aber beim Bootfahren spielt das eine Rolle, wenn mich ein großes Boot überholt, dann laufe ich aus dem Ruder und je nachdem wie groß die Welle ist, habe ich ein größeres Problem und darum muss ich mich öfter umgucken: Was kommt von hinten? Und das sollte man auch im wahren Leben ab und zu mal machen.
Und dieses Fernglas. Gefällt es dir?
Ja wunderbar, ein schönes Steiner Commander, wunderbares Fernglas, kostet auch schon richtig Geld. Ich weiß gar nicht, wie viel kostet das?
Aber die sind in der Regel motiviert, wenn sie zu dir kommen. Die haben Sehnsucht nach Freiheit, nach Seen, nach Meer, nach Ozean. Das ist so faszinierend.
Ja, das Problem ist ein anderes. Die Leute freuen sich auf den Bootsführerschein und auf das Boot fahren. Sie sagen: „Okay, zum Bootfahren brauche ich einen Bootsführerschein.“ Jetzt kommen die zu mir, z.B. beim Küstenschein, und darum gebe ich denen vorher nie ein Buch, denn wenn die sich selber vorher ein Buch holen würden und da reingucken, dann sagen die „Weißt du was, ich hole mir lieber einen Schrebergarten, ich wollte doch nur Boot fahren!“ In den Büchern sind so viele Dinge, die man nicht braucht. Ich erkläre das auch dementsprechend, aber erstmal meinen die Leute, so nach dem ersten zweiten Abend: „Das ist ja fast wie Abitur!“ Nein, das ist überhaupt kein Abitur. Man kriegt es auch nicht geschenkt, aber es ist auch kein Abitur.
Habe ich zum Geburtstag bekommen.
Wunderbar, steht dir auch zu. Beim Aldi gibt es auch tolle Sachen, aber das muss man im Fachgeschäft holen. Das ist wirklich ein gutes Glas.
Deswegen habe ich es mir gewünscht und jetzt kann ich Boot fahren. Ich habe den Führerschein, mein Tuch dabei, ich habe meine Cappy dabei…
Das ist wichtig. Kleidung und Haltung zeichnen ganz klar die Seefrau oder den Seemann aus.
Und jetzt verabschiede ich mich und sage „Auf Wiedersehen!“ Nächstes Mal besuchen wir Norbert auf dem Schiff. Einverstanden?
Einverstanden!
Vielen Dank für das Gespräch!