Ist mehr mehr?

Diese Frage stellte heute eine Personalberaterin auf Instagram. Sie bekam viele Antworten in Richtung „Nein, weniger ist mehr!“ Ich war die Einzige, die diese Frage mit „Ja“ beantwortet hat. Minderheit zu sein, ist nicht immer bequem im Leben, aber ich gehe oft das Risiko ein und sage direkt meine Meinung.

Mir scheint, „Weniger ist mehr“ ist als Lebensphilosophie bereits aus der Mode. Die Generation meiner Eltern war bescheiden und damit glücklich. Direkt nach dem Krieg blieb ihnen ja auch nichts anderes übrig. Meine Generation ging weiter und wollte am liebsten studieren. Wir versprachen uns ein besseres Leben, wenn wir dann einen attraktiven Beruf hätten. Studieren war ja auch nicht verkehrt, half aber nicht immer. Ich habe zwei Universitätsdiplome mit nach Deutschland gebracht und hatte wirklich gedacht, dass ich damit ein Kapital in der Tasche hätte. Das Lustige war, mich hat hier keiner nach meinen Diplomen gefragt und ich habe sie niemandem gezeigt.

Was bedeutet eigentlich „mehr“?

Und trotzdem bin ich eine erfolgreiche Unternehmerin in Deutschland geworden. „Wie geht das denn?“, fragte Liam, unser Praktikant. „Tja, am besten mache ich dir eine Liste“, antwortete ich und begann ein humoriges Rezept zu schreiben: 1. Eine Portion Lust gemischt mit Spaß … „Nein!“, sagte Liam, „nicht das. Sag mir, was ich machen soll, um ein tolles Auto, Haus und …

Jetzt war ich dran: „Lotto spielen!

So ging es hin und her. Liam wollte mehr und mehr. Ihm genügte das schöne Haus, das Auto etc. in der Zukunft nicht. Er wollte auch eine glückliche Frau und Kinder haben. Die Kinder sollten auch gut in der Schule sein.

Nelly Kostadinova mit Schülerpraktikant Liam in ihrem roten Porsche
Wie die meisten Jungs in seinem Alter möchte Liam später mal ein schickes, schnelles Auto haben. Doch er lernt, dass man Glück nicht mit Geld kaufen kann.

Da haben wir den Plan umgestellt. Sein Glück rückte nun an die erste Stelle und er hat mir seinen Traum beschrieben: Weihnachten. Er lädt seine ganze Familie ein, alle lachen, umarmen sich und beschenken einander. Jetzt hatte er vergessen, dass er gerade noch einen Porsche haben wollte und konzentrierte sich auf die Beschreibung der Familienmitglieder, die ihm so viel bedeuten. Sein Gesicht strahlte Freude aus, seine Wangen waren rot und er erzählte immer weiter: Wie er seine Familie bekochen und zum Lachen bringen will…

Glück kann man nicht kaufen

Mehr und mehr! Wir können gar nicht „Stopp“ sagen, wenn es ums Glück geht. Und wenn wir für unsere Familienmitglieder alle Geschenke gekauft haben, kaufen wir weiter – für die Kinder aus der Krebsstation der Uniklinik und auch für ihre Geschwister zum Beispiel. Warum sollen wir nicht mehr tun und noch mehr Menschen glücklich machen?

Deshalb habe ich die Frage „Ist mehr mehr?“ mit „Ja“ beantwortet. Mein „Mehr ist mehr“ betrifft dieses Glück und ich schäme mich nicht zu sagen:

I want more!