CHANGE. FÜR ALLE.

Insolvenz! Firma schließen! Diese Horror-Begriffe sind der Albtraum für beide Seiten. Für die Unternehmer und Führungskräfte einerseits und für die Mitarbeiter andererseits. Als Unternehmerin wage ich gar nicht, an die Folgen einer Insolvenz zu denken. „Wirtschaftlicher Ruin“ wäre ein Ausdruck dafür. Noch schlimmer aber ist für mich die moralische Katastrophe, die oft noch Jahrzehnte danach in folgenden Generationen spürbar bleibt.

Jetzt habe ich genug emotionalen Nachdruck erzeugt. Keine Horrorszenarien mehr. Lieber fragen wir uns, wie können wir das verhindern? Wie sollen wir ein Unternehmen durch Zeiten des Umbruchs führen, damit das Horrorszenario fernbleibt?

Mein Rezept gegen alle Gefahren, die in meinem 22 – jährigen Unternehmerinnendasein um die Ecke kamen, habe ich umgangssprachlich mit einem einfachen Satz ausgedrückt: „Wir brauchen etwas Neues!“

Aber wo und wann beginnt das Neue, das vor Katastrophen schützt? Ich erinnere mich, wie ich es bei den Behörden erlebt habe, als ich noch Gerichtsdolmetscherin war. Bei der Polizei z.B. hat der Dienststellenleiter nach einer Besprechung beim Polizeipräsidenten sofort ein Meeting einberufen, um die neuen Maßnahmen zu erklären. Die Beamten nahmen brav alles zu Kenntnis und diskutierten wenig später untereinander die Umsetzung so lange, bis sich die neuen Maßnahmen in der Praxis etablierten. Große Begeisterung darüber habe ich auf ihren Gesichtern nicht gesehen – und das versteht sich für mich von selbst. Ich glaube, keiner wollte sich ernsthaft darüber Gedanken machen, ob die Maßnahmen, die von „oben“ kamen, einen Sinn ergeben.

Etwas Neues

„Wie mache ich das besser?“, dachte ich, als ich Unternehmerin wurde. Mein Plan sollte Hand und Fuß haben, nicht davon ausgehen, dass ich immer alles richtigmache, und berücksichtigen, dass mir eine schnelllebige Wirtschaft im Nacken sitzt. Die Fehler, die ein mittelständisches Unternehmen macht, können manchmal dramatische Folgen haben. Das wollte ich nicht.

Die Märkte verändert sich schnell und die Unternehmen müssen sich innerhalb weniger Monate an neue Bedingungen anpassen. Manche müssen Abteilungen schließen oder Abteilungen zusammenlegen; Mitarbeiter müssen von A nach B versetzt werden und vieles mehr. Das ist Stress pur. Für alle!

Meinen Plan habe ich nicht offiziell „Change-Plan“ genannt, sondern ich begann erstmal mit Aufklärung der Mitarbeiter über die gegenwärtige Wirtschaftssituation und deren Auswirkungen auf unsere Branche. Große Reaktionen auf meine Ausführungen habe ich zunächst nicht gespürt und machte einen weiteren Schritt. Ich habe dem Kind einen Namen gegeben: „Time of Changes!“ – abgeleitet von „Wind of Change“ – dem Lied der Scorpions.

Jetzt müssen Sie mir ehrlich sagen: Ist das nicht toll, wie ein Mensch durch die Musik geweckt werden kann? Ich hatte Glück mit dem Lied, das jeder kennt. Und genau das passiert in solchen Fällen. Die Menschen erwachen und erwarten das Neue. „Time of Changes“ verwandelt sich in dieser Form in eine von Emotionen geprägte Zeit. Die Erwartungen steigen, Frühlingserwachen zeigt sich, die Menschen kommen wieder lächelnd zur Arbeit! Dieser Zustand muss jetzt weiter mit Leben gefüllt werden und zwar nicht mit didaktischen Regel, sondern mit dem, was jedem gefällt: dem Dialog. Die Kommunikation ist der Grundpfeiler des Change-Managements.

Nelly Kostadinova bei einem Vortrag über Change-Management
Nelly Kostadinova bei einem Vortrag über Change-Management

Time of Changes

„Was bewirkt ‘Time of Changes?‘“, lautete meine Frage, und die Antworten kamen: Die früheren, oft langweiligen Aufklärungsversuche wurden mit diesem Bild vor Augen plötzlich aufgenommen und bildeten dann ein klares und bodenständiges Wissensfundament. Darauf kann man bauen und die Phasen im Change-Management definieren. Der Dialog sorgt dafür, dass die Betroffenen ein Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht bekommen. Sie beginnen mit zu visionieren, entwickeln zielorientierte Ideen und werden beim Erstellen des konkreten Umsetzungsplans richtig aktiv.

Aber entsteht dabei nicht im gesamten Unternehmen eine Unsicherheit?

Erst einmal – natürlich! Wie reduziert man diese Unsicherheit? Durch die Steigerung der Transparenz und durch den regelmäßigen Dialog.

Und jetzt wechseln wir die Perspektive und richten unseren Blick auf die Mitarbeiter. Sie sind unsicher – aber warum? Theoretisch weiß jeder Mensch, dass Change, also Veränderung, etwas Schönes ist. Akzeptieren wir das? Theoretisch – ja! Praktisch ist es aber mühsam, auch nur das neue E-Mail-Programm zu akzeptieren. Veränderungen sind stressig – das ist die übliche Grundhaltung. Es ist riskant – kann man auch sagen. Früher machten deutsche Familien immer Campingurlaub in Italien oder bezogen Sommerhäuser in Spanien. Ich habe viele Leute getroffen, die mit einer nostalgischen Note über diese Urlaube ihrer Kindheit erzählten: „Es war irgendwie schön, aber … immer das Gleiche. Die lange Fahrt mit dem Auto, die gleichen Nachbarn, derselbe Strand.“ Trotzdem sind sie dankbar für diese Zeit und machen als Eltern etwas anders. Neue Länder, neue Menschen, neue Aktivitäten. Ist das nicht eine schöne Veränderung?

Das Glas ist halb voll!

Zurück zum Berufsleben. Wo können wir innerhalb der Firma neue Strände entdecken? Als Beteiligter in der Abteilung, die jetzt Bestandteil einer größeren Abteilung werden soll, habe ich neue Chancen. Ja, richtig! Nicht neue Risiken, sondern neue Chancen. Warum soll das Glas zur Hälfte leer sein, wenn es voll sein kann? Chancen sind zu ergreifen, warum nicht? Das Training an der neuen Software und künftig Arbeiten auf dem Markt von Skandinavien, nicht mehr Asien. Natürlich bedeutet das Lesen, Lernen und Ausprobieren. Das Positive eines überlegten Change-Prozesses ist, dass der Mitarbeiter von Anfang an einbezogen wird. Ihm wird nicht von „oben“ gesagt, „du machst das und das“. Er wird gefragt, er wird mit einbezogen und ihm wird hierdurch die Möglichkeit gegeben, sich auf Veränderungen zu freuen. Diese Freude bringt Erfolgsresultate mit sich! Ein neues Team bringt neue Synergieeffekte, im Projekt arbeiten unterschiedliche Menschen, und es entsteht Vielfalt. Vielfalt an Ideen, Ergebnissen und Emotionen.

Plötzlich merken wir, dass wir mittendrin im Change Prozess sind.

Was ist aus uns geworden?

Wir sind gemeinsam gewachsen und das Unternehmen fährt weiter auf Erfolgskurs. Wir wissen jetzt mehr als vorher und unser Wissen ist in der Unternehmensstruktur verwurzelt. Damit ist uns nicht langweilig und wir fühlen uns in der Firma noch mehr zuhause.