Was hat mich zum Erfolg gebracht? – Teil 2: Den Klischees den Rücken gezeigt

Im ungefähr fünften oder sechsten Unterricht des Deutschkurses wurde über den Unterschied zwischen den Deutschen gesprochen. Rheinländer, Schwaben, Bayern, Ostdeutsche, der Kohlenpott …  seien in Aussprache und Mentalität ganz unterschiedlich, hieß es. Da ich damals den Lehrer nicht so gut verstand, hakte ich nach. „In Bulgarien haben wir auch unterschiedliche Dialekte gesprochen, aber die Menschen hatten die gleiche Mentalität!“ Der Lehrer erklärte es mir nochmals, langsamer: Die Rheinländer seien lustig und oberflächlich, die Bayern etwas korpulenter und gegenüber „Preußen“ abweisend, die Schwaben selbstbezogen und geizig, die im Kohlenpott würden konsequent Dativ und Akkusativ verwechseln …

Was hat mich zum Erfolg gebracht? Teil 2: Den Klischees den Rücken gezeigt | iStock/master1305
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Jetzt begann ich es selbst zu beobachten, schließlich fuhr ich im Rahmen meiner journalistischen Arbeit in alle Richtungen Deutschlands. Und siehe da: In Stuttgart wurde ich mit offenen Armen empfangen, um Lothar Späth zu interviewen; in Hamburg plauderte ich vier Stunden lang im Zimmer von Nina Grunenberg und in Köln wurde ich einfach in den Karneval aufgenommen.

Bilde dir deine eigene Meinung!

Ihr versteht, worauf ich hinauswill. Die Mentalitätsunterschiede trafen mich nicht. Mir begegneten allerorten Herzlichkeit, Offenheit und Warmherzigkeit, immer zum Ausdruck gebracht durch den Gesichtsausdruck und die Körpersprache meiner Gesprächspartner. Deren Aussprache war für mich natürlich bisweilen gewöhnungsbedürftig, aber das ist ein anderes Thema.

Manchmal sagen die Leute über mich, ich hätte Privilegien. Ich sähe mitteleuropäisch aus, oder ich trüge ein hübsches Lächeln, oder gar, ich sei eine Frau, und deshalb hätte ich diese Reaktionen bekommen. Aber lächeln kann doch jeder. Ein herzliches Lächeln und eine durchaus normale Bekleidung sind für den ersten Eindruck genug.

In meinem Koffer, mit dem ich aus Bulgarien nach Deutschland kam, gab es nur einfache Sachen. Auch hier habe ich sie fleißig gefaltet und gepflegt, weil ich kein Geld für neue Sachen ausgeben wollte. Mein Mantel allerdings wirkte hier mehr als lustig, und ich habe etwas Geld in einen schönen neuen Mantel investiert. Darunter trug ich weiter die Sachen aus Bulgarien und schluckte mit trockenem Mund, als die Leute aus dem Deutschkurs in den Pausen Coca-Cola tranken. Geld ist dazu da, es für das auszugeben, was dir wichtig ist. Mir war es wichtig, die Sprache von Goethe und Schiller zu lesen, in dieser Sprache zu schreiben und mich mit den Menschen hier in deren Sprache unterhalten zu können.

Tritt Klischees mit einem Lächeln gegenüber!

Heute bin ich eine Unternehmerin und werde nach Ratschlägen gefragt, wie man richtig investieren soll. Ich weiß nur eins: Investiere in deine Gefühle und nimm dir Zeit, die Menschen richtig kennenzulernen. Glaube nicht an Klischees, und hab keine Angst zu lächeln. Zeige deine Gefühle, wenn du mit guten Absichten ein Land betrittst und glaub mir, du bist immer hübsch, wenn deine Gedanken gut sind. Was das Geld betrifft, habe ich die Einstellung: Arbeite lieber als herumzusitzen. Und wenn du mal kein Geld für deine Arbeit bekommst, freue dich über die Erfahrungen, die du kostenlos sammeln durftest.

Ich höre hier lieber auf, sonst werden meine Sätze auch noch zu Klischees. Mach deine eigenen Erfahrungen. Es lohnt sich!