Und jetzt sprechen wir noch einmal über das Glück…
Lieber machen wir hier keine Parallele zum Thema Geld! Oder doch? Es gibt einen Satz, der sagt: „Über Geld spricht man nicht. Man hat es.“ Kluge Menschen, die im Lotto gewonnen haben, lassen sich nicht immer fotografieren, weil sie Angst vor Räubern, Erpressern und Schnorrern haben. Sie kaufen sich auch nicht gleich teure Autos und Häuser und einige bleiben sogar auf Dauer total unauffällig. Die Erklärung hierfür ist logisch. Sie bekommen plötzlich viel Geld, was sie vorher nicht hatten. Das bedeutet eine riesige Umstellung und erfordert schnell eine neue Lebensstrategie. Das ist schwierig und so ist es am besten, man lebt sein Leben erst mal weiter wie bisher – nur entspannter.
Aber wie ist das denn nun mit dem Glück? Kann man in besagtem Satz Geld durch Glück ersetzen und sagen: „Über Glück spricht man nicht. Man hat es.“ Dieser Satz wäre falsch! Zunächst einmal können sich Menschen, die glücklich sind, nicht verstecken. Sie leuchten geradezu und strahlen alle an, weil sie das Glück nicht in der Tasche, sondern im Herzen tragen. Diese Menschen erkennt man sofort, weil wir uns von ihnen angezogen fühlen und dieser Anziehungskraft gerne folgen. Diese Menschen müssen nicht sprechen.
„Wie wird man glücklich? Das will ich auch!“, sagte mir eine Kollegin aus der Studienzeit, die ich nach 20 Jahren in Facebook entdeckt hatte. Ja, was für eine Frage! Wenn man das wüsste, hätte man ein Rezept, ein Know -how oder eine Prozessbeschreibung machen können. All das gibt es aber nicht, deswegen müssen wir selbst den Weg zu unserem Glück finden.
Und noch eine Frage:
Ist glücklich sein ein Dauerzustand oder eine Momentaufnahme?
Für mich ist Glück ein Zustand, in dem ich nicht darüber nachdenke, warum ich glücklich bin. Ich fühle einfach, dass ich glücklich bin. Die Freude, die ich empfinde, ist so groß, dass ich statt zu gehen, rennen möchte. Im nächsten Moment möchte ich fliegen und denke sogar, ich hätte Flügel. Meine Gedanken sind wunderschön, liebevoll, und meine Brust ist voller Luft. Ich fliege gedankenlos und bin einfach glücklich! Das passiert aber nicht einfach so, ohne Grund. Das, was vorher passiert ist, ist der Pfad zum Glück. Ein Beispiel: Ich war weit entfernt von Deutschland, dem Land, welches ich als meine Wahlheimat bezeichne. Ich war in Ruanda, einem Land, das vor 20 Jahren viele Töchter und Söhne im Bürgerkrieg verloren hat. Vom Hotel zu meinem Büro war es nicht weit, aber ich kannte den Weg nicht, und deshalb nahm ich ein Taxi. Im Taxi begann ich einen Smalltalk mit dem Fahrer und fragte ihn etwas, worauf er seinerseits fragte, was ich beruflich mache. Ich antwortete simple: „Housewife“, weil ich gern in andere Rollen schlüpfe. Nach dieser Antwort kamen keine Fragen mehr, und ich hätte mich eigentlich auf all das konzentrieren können, was neu für mich war. Seine Frage brachte mich aber gedanklich zurück nach Deutschland und zu den Orten, die mit meinem „Beruf“ in Deutschland zu tun haben: Köln, Berlin, Aachen, Hamburg… in 14 Städten eilten genau in dieser Zeit Menschen mit den unterschiedlichsten Transportmitteln zu den Büros, die ich aufgebaut habe. Ich sah sie auf die Uhr schauen, die Büroschlüssel in ihren Taschen suchen; sah sie die Büros betreten, die Computer einschalten und ihren Arbeitstag beginnen. Weit weg von Deutschland berührte ich gedanklich ebenfalls die Tastaturen und war sehr glücklich. Eine warme menschliche Freude besuchte mich sogar in diesem alten Taxi und füllte meinen Kopf und Körper mit Energie und Motivation. Schließlich stieg ich aus dem Taxi aus, begab mich in das Labyrinth des Bürogebäudes und verlief mich natürlich wieder, aber meine Stimmung blieb geprägt von diesem glücklichen Moment.
Glücklich trotz Mist-Erlebnissen
Mein Beruf als Unternehmerin und Arbeitgeberin ist natürlich nicht die einzige Quelle meines Glücks. Ich bezeichne mich selbst als einen glücklichen Menschen, obwohl ich – wie jeder andere auch – Momente, Perioden und sogar Monate voller Mist-Erlebnisse habe. Warum bin ich trotzdem ein glücklicher Mensch? Um diese Frage zu beantworten, muss ich einen dieser Momente beschreiben. Als ich Lingua-World in Südafrika gründete, hatte ich natürlich auch einen wunderbaren Businessplan in meinem Computer mitgenommen. Bereits in der ersten Woche musste ich feststellen, dass dieser Businessplan rein gar nichts mit der Realität dort zu tun hatte. Und so begann ich von vorn, intuitiv. Für die Entwicklung der Webseite holte ich mehrere Angebote ein und suchte einen Anbieter aus. Es war eine große Internetfirma, und ich dachte mir, hier würde ich besser verstanden. Verstanden wurde ich, aber das war nicht alles. Die Arbeit begann ziemlich zügig, aber auf einmal sah ich in dem Domain-Portal, dass mein Name nicht mehr unter der Bezeichnung „Owner“ stand. Die Domain „Lingua-World“ war plötzlich zum Eigentum der Internetfirma geworden. Sofort kündigte ich meinen Besuch bei diesem „Dienstleister“ an und landete dort schließlich ohne Termin und Vereinbarung. Es hat zwar gedauert, bis ich mein geistiges Eigentum zurückbekam, ich musste mich schließlich an die Polizei wenden und das Ganze war insgesamt sehr unangenehm und langwierig. Trotzdem war ich auch während ich gekämpft habe, glücklich. Weil ich gekämpft habe – für mein Recht und mein eigenes Unternehmen. Schließlich habe ich die Domain mit dem Namen dieses, meines eigenen Unternehmens verteidigt und zurückerkämpft.
Geben und nehmen
Schon 1997, als ich überlegte, wie ich meine Firma taufen sollte, hatte ich einen Gedanken, der mich immer geleitet hat: groß denken. Ich werde international agieren!
Das waren damals eher Kinderträume, die heute aber wahr sind. Die Momente des Glückes sollten wir von miserablen Handlungen anderer Menschen nicht beeinflussen lassen. Mein Glück besteht darin, dass ich Freude am Schaffen und Aufbauen habe. Ich mag die Menschen und ich mag, etwas für sie zu tun. Ich mag es natürlich auch, wenn jemand für mich etwas tut, weil die Gegenseitigkeit die Essenz einer Beziehung ist, geschäftlich und privat. „Das Glück ist eine Entscheidung“, sagt Hermann Scherer – und ich gebe im völlig Recht!