Was hat mich zum Erfolg gebracht? – Teil 12: Die Krise, die den Plan hatte, mich zu vernichten

Was bedeutet vernichten?

Vernichten können doch nur Naturkatastrophen, dachte ich und schaute auf die steigende Zahl von Rechnungen, die ich zu bezahlen hatte. 450.000 Euro waren das Ergebnis! Die Zahl der Kundenrechnungen, die offen waren, erschien auch auf meinem Bildschirm und wirkte ein wenig wie Baldrian auf mich.

„Tun Sie was!“, drängte der Buchhalter und spazierte unruhig im Kreis herum.

„Und was?“

„Schaffen Sie das Minus weg!“

Am liebsten wollte ich „das mache ich“ sagen, stattdessen erklang nur ein langer Ton aus meiner Brust und zeigte meinen tiefen Schmerz. Mein Körper, mein Gehirn und mein Herz waren wie gelähmt, meine Lippen trocken, und der Kiefer schmerzte von dem endlosen Beißen. Eine einzige Frage kreiste in meinem Kopf aber brachte keine Antwort: „Was mache ich jetzt? Was mache ich jetzt!“

Das Machen ist der feste Boden, auf dem ich mein ganzes Leben aufgebaut habe.

Nelly Kostadinova

Durch das Machen war ich Firmeninhaberin geworden. Das Machen hat mich zur Arbeitgeberin gemacht. Jetzt aber stand die Weltwirtschaft im Fokus und nicht ich. Die Welt schwamm in der Wirtschaftskrise, die mit dem Absturz der Lehman Brothers begonnen hatte. Die Welt sortierte sich neu und ich stand mittendrin als ganz kleines Rädchen irgendwo zwischen den Sorgen der Wirtschaftsgiganten und ruinierten Privatpersonen. Meine Übersetzungsfirma, ein Begleiter der erfolgreichen deutschen Exporteure, lieferte die Texte zu Produkten, Imagebroschüren und Webseiten und fungierte als Globalplayer in internationalen Events durch Dolmetscher in vielen Sprachen. Alles lief gut. Die Kunden waren zufrieden, die Mitarbeiter waren fleißig … – bis zum Absturz der Lehman Brothers!

Und jetzt?

Das Telefon klingelte kaum noch, die E-Mails kamen schleppend, und die Kunden bezahlten schleppend. Die Finanz- und Wirtschaftskrise, das war der Zustand seit 2008, mit dem jeder Unternehmer nun zurechtkommen sollte. Ich überlegte nicht lange, Handeln ist schließlich meine zweite Natur. Die Unterlagen für die Kurzarbeit waren aufwändig, aber machbar. Die Termine beim Arbeitsamt waren knapp, aber man kam irgendwann doch dran, die Stimmung in der Firma war bedrückend, aber keiner war verzweifelt. Ich sah in dem Chaos von eigenen Schulden und ausstehende Kundenrechnung doch noch ein Lichtlein und daran klammerte ich mich fest. Nachdem das Geld vom Staat organisiert war, und ich endlich Rückenwind spürte, nahm ich die Kunden ins Visier.

„Forderungsmanagement, acht Stunden am Tag!“, kündigte ich an und begann selbst zu telefonieren. Als ich schließlich bemerkte, dass meine Emotionen begannen meinen Geduldspegel zu überschreiten, habe ich Unterstützung gesucht. Ein erfahrener Mann kam und übernahm die Kommunikation. Natürlich haben wir trotzdem nicht das ganze Geld reinbekommen, aber immerhin den größten Teil. Dann richtete ich meinen Blick auf die Menschen, die ich zu bezahlen hatte. Ratenzahlungen, Terminvereinbarungen, Entschuldigungen. Kommunikation, nichts mehr nichts weniger. Menschen verstehen Menschen! Wir wurden auch hier verstanden und unterstützt. Die Summe reduzierte sich, aber langsam, da natürlich wieder neue Rechnungen kamen! „Verdammt!“, schimpfte ich in mich hinein und handelte weiter. Und weiter!

Nächste Station: die Bank.

Ich fragte nach einem Kredit und die Bank wollte Sicherheiten. Unser Haus.

Ich ging raus und beschloss: „Nein! Nicht zu diesem Preis!“

Heute, etwa 10 Jahre später, spüre ich nicht mehr die Schmerzen von damals.

Die Schmerzen haben auch keine Narben hinterlassen, nur Erinnerungen. Ein heftiges Schaukeln des Bootes macht uns Angst, wir werden seekrank. Sobald wir aber wieder festen Boden unter den Füßen spüren, vergeht die Übelkeit und die Gesichtsfarbe kehrt zurück. Es bleibt die Erfahrung, die uns stärker, selbstsicherer und krisenresistenter macht.

Was habe ich aus der Finanz-/Wirtschaftskrise gelernt?

  • Dem eigenen Team Aufmerksamkeit schenken, entschlossen organisieren und täglich motivieren
  • Entscheidungen treffen
  • Maßnahmen priorisieren
  • Blitzschnell handeln
  • Tägliche Kontrolle über den Erfolg der Maßnahmen ausüben
  • Kleine und große Erfolge im Team kommunizieren
  • Selbst Opfer bringen; wie es sich in einer Krise gehört