Was hat mich zum Erfolg gebracht? – Teil 37: Der Einblick in die Welt der Anderen

Wer sind die Anderen? Für die Schüler sind es die Lehrer. Für die Studenten – die Dozenten und für die Angestellten – die Vorgesetzten. Ich erzähle immer sehr gerne von meinen Erfahrungen in Afrika. In den letzten 25 Jahren haben die Menschen dort gelernt, Verantwortung zu tragen und befinden sich meist gleichzeitig in zwei Positionen. Jeder hat einen oder mehrere Vorgesetzte und gleichzeitig auch einen oder mehrere Assistenten. Verantwortung abgeben, aber auch Verantwortung tragen, ist die Idee dahinter, von Anfang an. Wenn jemand vor Kurzem als Trainee in einem Café aufgenommen wurde, bekommt er bereits kurze Zeit später die Aufgabe, auch das Prozedere der Bezahlung zu übernehmen.

Nimm die Geschichte, die Dein Herz berührt hat und erzähle sie weiter…

So eine Situation habe ich in Kapstadt erlebt

Ich hatte Wasser in einem Café bestellt und bat anschließend um die Rechnung. Ich zahlte und verließ das Café. An der Ampel rief jemand hinter mir: „Madam!“ Es war die junge, zierliche Bedienung aus dem Café. Sie streckte mir ihre Hand mit einer Menge Scheine entgegen und sagte: „It´s your change!“ Ich erklärte schnell, dass ich ihr Trinkgeld gegeben habe, und sie sagte mit einem Lächeln im Gesicht: „Yes, you told me 20, but gave me 200, Madam!“ Ach so, deswegen die vielen Scheine. Sie wollte mir 180 Rand zurückgeben. Ich hatte ihr anstatt 20, 200 Rand gegeben und hatte es nicht einmal gemerkt. Ich staunte, dass das junge Mädchen, welches erkennbar die 180 Rand viel nötiger brauchte als ich, das Geld nicht in ihre Tasche gesteckt hatte, sondern mir bis zur Ampel hinterhergelaufen war, um meinen Fehler zu korrigieren. Ich sah sie nochmals an: jung, arm und entschlossen sah sie aus. Auf ihrem Gesicht gab es nicht mal einen Hauch von Zweifel!  Für sie war klar, dass diese Scheine nicht ihr gehören und sie das Geld zurückgeben muss.

Ich nahm das Geld und teilte es mit ihr. Am liebsten hätte ich alles in ihrer Hand belassen, um sie für ihre Ehrlichkeit zu belohnen, aber ich sah in ihrem Gesicht, dass dies die falsche Reaktion gewesen wäre. Die Hälfte nahm sie sehr dankbar an. Ich bedankte mich auch. Sie hatte mir einen Einblick in ihre Welt geschenkt, in der Ehrlichkeit einen hohen Stellenwert hat. Diese Geschichte hat mein Herz berührt.

Die Anderen sind für mich täglich die Mitarbeiter

Die ich einstelle, und mit denen ich ein Bündnis bilde. Aber kenne ich deren Welt? Das hatte ich mich nie gefragt. Intuitiv habe ich immer gewusst, was und wie ich etwas sagen soll, um die Kommunikationsebene aufzubauen. Vor kurzem war ich bei einem Live-Coaching, bei dem die Angestellte eines Konzerns das Thema „Motivation am Arbeitsplatz“ offenbarte. Sie wollte Klarheit über die Beziehung zwischen ihr und ihrem Chef bekommen und hatte sich bereiterklärt, dies vor einer Gruppe zu tun. Es war ein gutes Coaching, und die junge Frau hat am Ende ein paar wichtige Erkenntnisse gewonnen. Am Ende durfte jeder aus der Gruppe ihr etwas wünschen. Ich habe mich bedankt, da ich von ihr erfahren habe, dass meine Mitarbeiter sich auch wünschen, private Fragen zu beantworten. „Wie war´s im Urlaub?“, oder „Wie geht’s Ihrem Kind in der ersten Schulwoche?“ Das ist eben kein Smalltalk, sondern zeigt das Interesse des Chefs an den Menschen, mit denen er/sie zusammen in einem Boot sitzt. Jemand aus der Gruppe sagte der jungen Frau: „Sie sind seelisch reicher als Ihr Chef“. Ja, stimmt. Die junge Frau ging zum Coaching, um Klarheit über die Beziehung zu ihrem Chef zu bekommen. Sie wollte sich von seiner Arroganz nicht verunsichern lassen und ihre Motivation im Job zurückgewinnen.

Mir hat sie damit unbewusst eine Unterrichtsstunde zum Thema „Die Welt meiner Mitarbeiter“ gegeben. Eine wertvolle Lektion, die bestimmt auch gute Stimmung in mein Team bringen wird.