Was hat mich zum Erfolg gebracht? – Teil 39: Die Chance, eine digitale Nomadin zu sein

Ich weiß es noch heute. Am 1. November 2012 eröffnete ich meine südafrikanische Firma in Johannesburg, und 2,5 Wochen später war mein Geburtstag. Ich war allein in Johannesburg und schenkte mir zum Geburtstag eine kurze Reise. Flug und Hotel nach Kapstadt und – zu meiner Persönlichkeit passend – ein paar exotische Erlebnisse. Eins davon war, Haifische unter Wasser zu beobachten. Die Reise erstreckte sich auf die Woche um meinen Geburtstag und nahm nicht nur das Wochenende in Anspruch. Das fühlte sich nicht ganz richtig an, da ich in Johannesburg bereits 7 Personen beschäftigte, die ohne Leitung nicht arbeiten konnten. Aber diese in Urlaub zu schicken, weil ich Geburtstag hatte, erschien mir ineffizient. Trotzdem hatte ich mich für diese Geburtstagsreise entschieden und war nach Kapstadt geflogen.

Die wahren Gewinner der Digitalisierung sind diejenigen, die gleich zu Beginn dieser Entwicklung die Chancen gesehen und diese in die Praxis umgesetzt haben.

Die Aussicht vom Hotelzimmer war grandios, und die Kommunikation funktionierte stressfrei mittels meines Blackberry. Ich erinnere mich, wie ich auf dem Weg zum Haifische schauen, dort auf dem Boot und auf dem Weg zurück, die E-Mails meiner Mitarbeiter beantwortet habe, und die Arbeit in Johannesburg so weiter leiten konnte. Die Digitalisierung war damals noch längst nicht so fortgestritten wie heute, aber trotzdem gab sie mir die Freiheit, die ich mir immer gewünscht hatte. Für die weitere Zeit war dies Beispiel für meine künftige Work-Life-Balance, die trotz der großen Verantwortung, die ich zu tragen hatte, genauso weiter funktionierte. Der weitere Aufbau der südafrikanischen Firma gestaltete sich dennoch nicht einfach, weil die Mentalitätsunterschiede sehr groß sind, aber die Basis und das Knowhow konnte ich aus Deutschland importieren. Jeden Tag arbeitete ich mindestens 4 Stunden auf dem deutschen Server, um den Wissenstransfer zu ermöglichen. Formulare, Datenbanken und webbasierte Tools wurden so auf den südafrikanischen Übersetzermarkt adaptiert und weiterentwickelt.

Wie war denn früher die ausländische Filiale einer deutschen Firma entwickelt worden?

Manager mit ganzen Familien waren in das jeweilige Land versetzt worden, und dort, vor Ort, begann dann die Umsetzung der Konzeption. Das erforderte Manpower, Kosten und Zeit.

Das alles war nun – in der Anfangsphase – für mich gar nicht mehr notwendig; die Basis war geschaffen. Erst später habe ich Mitarbeiter aus Südafrika nach Deutschland und aus Deutschland nach Südafrika geschickt, um die menschliche Kommunikation zu stärken, einen Austausch zwischen den Kulturen zu ermöglichen und das gegenseitige Verständnis zu fördern.

Heute sprechen wir über Digitalisierung und entwickeln weiter innovative Konzepte, aber die wahren Gewinner der Digitalisierung sind diejenigen, die gleich zu Beginn dieser Entwicklung die Chancen gesehen und diese in die Praxis umgesetzt haben. Ich bin ein großer Freund ökonomischer und gesellschaftlicher Weitsicht. Als Kind habe ich Science-Fiction Bücher gelesen und an die Geschichten voller Fantasie geglaubt. Viele davon sind heute bereits Realität geworden. Jetzt sitze ich an meinem digitalen Schreibtisch und merke kaum, dass der Kollege nicht im selben Zimmer ist. Ich sehe sein Gesicht und höre seine Stimme, schaue in sein Dokument, wenn er den Bildschirm freigibt, und ich führe ihn durch meine Gedanken und Worte. Ich studiere das Angebot meiner Mitarbeiterin in Berlin während mir mein Netzwerkadministrator eine neue Software einrichtet. Und ganz aktuell: das Online-Banking in England funktioniert gerade nicht, und dafür muss ich in die Warteschlange der Bank mit dem englischen Mobiltelefon. Es folgen unzählige Schritte und Eingaben, die in der Lage sind, uns technisch und mental zu überfordern. Diese Sachen sind komplex und erfordern nicht nur viel Geduld und neue Kenntnisse, sondern in großem Maße Mut, auch Schritte ins Unbekannte zu gehen.

Inzwischen ist die Digitalisierung ein Teil von uns geworden.

Digitales Denken ist bisweilen anstrengend, aber es ist mein Weg, die Work-Life-Balance zu haben, die ich mir immer gewünscht habe, obwohl ich eine große Verantwortung trage.

Ich bin eine digitale Nomadin, die in der Welt zuhause ist. Nicht pure Reiselust macht mich zur Nomadin. Es ist meine Lebensart, ermöglicht durch die Chance, die mir die digitale Welt gibt. Ich bin dort zuhause, wo Menschen meine Gedanken verstehen und meine Freude am Schaffen teilen. Dass ich dort durch den Laptop meinen Job erledigen kann, ist ein pures Glück. Digitales Glück integriert in mein menschliches Glück.

Es war das Leben von Morgen, das ich, zunächst ohne es zu merken, zu meinem Leben gemacht habe. Weil es schön ist.