
Sehr geehrte Damen und Herren,
Diesmal bin ich von Köln virtuell in den Schwarzwald gesprungen, weil ich mich dort mit der außergewöhnlichen Unternehmerin, Mutmacherin und Präsidentin der IHK Nordschwarzwald, Claudia Gläser verabredet habe.
Warum für sie der besondere Reiz des Unternehmertums schon immer in der Möglichkeit lag, Neues zu gestalten und das Bestehende weiterzuentwickeln, das verrät sie im Interview:
Nelly Kostadinova: 2002 stiegen Sie zunächst in die Leitung Ihres Familienunternehmens ein und führten das Unternehmen bis 2008 gemeinsam mit Ihrem Vater. Wie alt waren Sie damals?
Claudia Gläser: 2002 war ich 33 Jahre alt und gerade mit meiner ersten Tochter schwanger.
Unter Ihrer Leitung wurde aus der Gläser GmbH die Gläser Group und das deutsche Familienunternehmen expandierte und umfasst mittlerweile Standort in den USA, China und Mexico. Wie funktioniert das in sovielen Ländern zur Zeit der Corona-Krise?
Wir haben unsere Meetings mit unseren verschiedenen Unternehmen in China, Mexico oder USA schon immer per „Teams“ gemacht. Natürlich fehlt manchmal der persönliche Kontakt. Es ist wichtig, dass man sich mit den einzelnen Mitarbeitern vor Ort austauscht und so auch sieht, wo wirklich die Probleme liegen. Was kann man ändern? Was muss man ändern? Und das sieht und versteht man oftmals nur im persönlichen Gespräch. Aber im Moment bin ich sehr zuversichtlich und hoffe in nicht zu ferner Zukunft, kann ich dann die einzelnen Standorte wieder besuchen und mit meinen Mitarbeitern auch wieder persönlich was essen gehen.
Wussten Sie immer schon, dass Sie Unternehmerin werden möchten?
Ich wusste zumindest immer schon, dass ich selbstständig sein möchte und ich war immer jemand, der gerne selbst Dinge entscheidet und umsetzen möchte. Als Unternehmerin hat man auch die Möglichkeit Themen gezielt anzuschubsen und eine Richtung zu geben. Und vielleicht auch als Frau Wege zu gehen, die in einem Angestelltenverhältnis nicht unbedingt möglich wären.
Als Präsidentin der IHK haben Sie am Anfang des Jahres die Unternehmer der Region aufgefordert innovativer und flexibler zu werden. Und dann kam die Krise. Was sagen Sie den Unternehmern jetzt?
Als IHK Präsidentin ist es natürlich auch meine Aufgabe, gerade zu Zeiten von Corona, die Unternehmer in meiner Region zu unterstützen. Mein Apell vom Anfang des Jahres, dass man innovativ und flexibel sein muss, ist gerade sogar noch wichtiger und aktueller geworden. Wir müssen andere Wege gehen und neue Möglichkeiten suchen. Die Digitalisierung ist sehr wichtig. Das war bei manchen Unternehmen Anfang des Jahres vielleicht noch nicht so angekommen. Jetzt weiß jeder: Das ist die Zukunft. Von daher bin ich optimistisch. In der Region Nordschwarzwald haben wir bei den Unternehmen viele Hidden Champions und es gab immer Situationen, in denen sie sich neu erfinden und weiterentwickeln mussten und ich bin überzeugt, die meisten Unternehmen schaffen das auch diesmal und kommen aus dieser Krise mit neuen Inspirationen und neuen Ideen heraus. Wichtig ist dabei, dass man sich gegenseitig unterstützt und anderen Unternehmen hilft, die vielleicht gerade selbst noch auf der Suche nach neuen Ansätzen sind. Die Unterstützung eines starken Netzwerks ist im Unternehmertum wahnsinnig wichtig.
Und jetzt kommt die Corona Krise und Sie sind u.A. in den USA positioniert. Stört Sie die Politik von Donald Trump nicht?
Die USA sind ein sehr großer Markt, ein sehr interessanter Markt mit vielen großen Unternehmen, die für uns viele Möglichkeiten bieten. Natürlich ist Trump nicht mein favorite Präsident, mit vielen Themen, bei denen er anstößt oder die Bevölkerung spaltet. Das ist nicht gut für einen Staat und das ist nicht gut für die USA. Aber in den USA gibt es auch vielfältige Möglichkeiten. Jeder Staat ist anders. Die USA sind nicht nur Donald Trump, sondern fast 320 Mio Menschen, mit ganz verschiedenen Interessen und Möglichkeiten. Von daher bin ich sehr froh, dass wir unseren Standort dort haben und somit die Möglichkeit im Bereich technische Sauberkeit mit unseren Kunden neue Wege zu gehen.
Und wie läuft es in China?
Die Situation in China ist zum Glück besser als in vielen anderen Ländern. China hat schon im Februar seinen Shutdown gehabt. Das hat uns natürlich auch sehr getroffen. Wir mussten unser Labor für drei Wochen schließen und konnten unseren Kunden keine Analysen abliefern. Das war zu dieser Zeit aber in ganz China so und letztendlich konnten wir nach dieser Zeit wieder relativ schnell hochfahren. Im Moment läuft China sehr gut und ich hoffe, dass wir in den USA und Europa ähnlich schnell wieder produktiv anlaufen können.
Was produziert die Gläser Group?
Die Gläser GmbH hat zwei Standbeine. Das eine sind die hydraulischen Steuerblöcke und der andere Bereich, in dem wir auch international unterwegs sind, ist die technische Sauberkeit. In der technischen Sauberkeit machen wir Analysen für unsere Kunden. Wir bauen Maschinen, entwickeln komplette Labore und wir helfen auch im Consulting und unterstützen einzelne Unternehmen sich im Bereich technische Sauberkeit zu verbessern.
Sie sind auch eine leidenschaftliche Befürworterin und Unterstützerin von Frauen im Unternehmertum. Jetzt stellen Sie sich folgendes Szenario vor. Eine Frau hat ihren Job verloren, was würden Sie ihr raten und warum könnte es gerade jetzt interessant sein in die Selbstständigkeit zu gehen?
Das ist eine sehr gute Frage. Die Selbstständigkeit ist immer eine gute Alternative, wenn man eine gute Idee hat und inspiriert ist und auch wirklich das Ziel hat guten Umsatz und Gewinn zu machen. Ich denke, mit der richtigen Idee ist es immer der richtige Zeitpunkt, weil wir die Chance ergreifen müssen wenn sie sich anbietet. Die Selbstständigkeit bietet auch viele Möglichkeiten verschiedene Dinge miteinander zu vereinbaren. Man kann selbst entscheiden und man hat eine gewisse Macht Wege zu gehen, die vielleicht vorher unmöglich schienen.
Also: Haben Sie Mut und wagen Sie den Schritt in die Selbstständigkeit.
Und woraus besteht Ihr persönliches Mut Rezept?
Mein Mut-Rezept ist ein Risiko einzugehen und den Mut zu haben einen neuen, einen nächsten Schritt zu machen. Das Risiko einzugehen, dass man vielleicht auch Fehler macht. Man kann nicht immer alles richtig machen. Fehler bringen einen aber oft weiter und eröffnen neue Möglichkeiten um an sich selber zu glauben und Netzwerke aufzubauen, die wiederum helfen Lösungen zu finden und sich Unterstützung zu holen.
Vielen Dank für das Gespräch!