
Für diese Folge war erneut Kirsten Altvater zu Gast. Im ersten Teil „Blind Date mit den Schulden“ öffnete die Zahnärztin für uns die Tür zu ihrem 20-jährigen Kampf gegen die Schulden, den sie schließlich aufgeben musste. Nach 20 Jahren ging sie in die Insolvenz. Sie kämpfte gegen die eigene Angst und entwickelte eine Methode, die denjenigen hilft, die von Angst gelähmt sind. Angst vor dem Fliegen, Angst vor einem Bewerbungsgespräch. Egal wovor, die Methode von Kirsten wirkt!
Lesen Sie das Interview mit einer genialen Frau, die aus einer Niederlage eine große Chance gemacht hat.
Nelly Kostadinova: Kirsten, warum hast du erst jetzt Insolvenz angemeldet? Warum nicht früher?
Kirsten Altvater: Ich hatte einfach entsetzliche Angst.
Angst ist eine schreckliche Sache. Jetzt frage ich mich: die Leute haben Angst, wenn sie zu dir kommen. Die Menschen haben Angst vor dem Zahnarzt. Und du hattest Angst wovor?
Ich hatte Angst vor gesellschaftlichem Gesichtsverlust. Ich hatte Angst vor finanziellem Ruin. Ich hatte einfach Angst, weil ich nicht wusste, was dann auf mich zukommt, weil ich ja nur Horrorgeschichten darüber gehört habe.
Erzähl uns bitte, wie fühlt sich das an? Was hast du empfunden?
Ich wusste einfach gar nicht, wie geht es dann weiter? Da bin ich von jetzt auf gleich nicht mehr geschäftsfähig. Kann ich über gar nichts mehr verfügen? Kann ich gar nicht mehr einkaufen gehen und habe ich überhaupt noch ein Auto? Habe ich überhaupt noch die Möglichkeit, weiter zu arbeiten? Ich hatte ja nur schreckliche Geschichten gehört. Ich hatte fürchterliche Angst davor, nachher irgendwo unter irgendeiner Brücke zu landen.
Manche Menschen empfinden genauso diese Angst. Die entscheiden sich alleine gegen die Windmühlen zu kämpfen. Und so war auch deine Strategie. Aber jetzt, nachdem du den Schritt gemacht hast, wie fühlst du dich jetzt?
Ich fühle mich so viel besser. Ich fühle mich so viel erleichterter, weil ich weiß, dass jetzt ein Weg eingeschlagen wird, wo ich eine Chance habe, mich wieder komplett neu aufzustellen und einfach diese ganzen alten Probleme hinter mir zu lassen.
Lass uns einen Schritt zurückgehen: Sagen wir mal, ein kleines Mädchen wird von der Oma zu dir gebracht, weil das Mädchen zum Zahnarzt gehen muss. Und das Mädchen sitzt in diesem Stuhl und hat panische Angst. Was machst du mit so einem Patienten?
Ich hatte tatsächlich mal so einen ähnlichen Fall, da ist die Mutter mit ihrer kleinen Tochter gekommen und die Tochter hatte schreckliche Angst. Ich musste die Milchzähne ziehen und sie war ganz panisch und schon sehr aufgelöst und ich habe immer eine einzige Frage gestellt und habe zu ihr gesagt: „Anna, ist das wirklich deine Angst?“ Und Anna hat es sofort begriffen und hörte sofort auf zu weinen und sagte: „Nein.“ Dann habe ich gesagt, von wem ist sie dann? Und dann sagte sie: „Von Oma“. Dann habe ich gesagt, das ist diese Angst, die wir in einen Briefumschlag stecken und zurückschicken.
Das ist eine sehr schöne Geschichte.
Und das haben wir zusammen gemacht und danach war die Behandlung easy, weil sie es sofort begriffen hat.
Hättest du denn nicht diese Methode bei dir anwenden können?
Wenn ich diese Geschichte damals schon gekannt hätte, hätte ich sie bei mir angewendet.
Kanntest du diese Methode noch nicht?
Nein.
Du hast sie später entwickelt.
Genau.
Und was würdest du jetzt tun, oder wahrscheinlich eher: was hast du getan, damit du den Schritt in die Insolvenz machen kannst?
Ich habe mir tatsächlich auch diese Frage gestellt. Ist das wirklich meine Angst und habe festgestellt, dass ich irgendwo eine Realität anderer Menschen abgekauft habe und sie zu meiner eigenen gemacht habe. Und deswegen habe ich sie auch an den Absender zurückgeschickt und dann diesen Schritt gemacht und bin einfach nur froh, dass ich in absehbarer Zeit erleichtert und einfach neu starten kann.
Das ist eine wunderschöne Metapher: Die Angst steckt in einem Umschlag. Den Umschlag zukleben, wegschicken und die Angst ist weg. Diese Metapher hilft im Leben und in verschiedenen Lebenssituationen. Ich stelle mir jetzt Folgendes vor: Wir machen ein Vorstellungsgespräch. Zu mir kommen oft Bewerber und sie haben Angst. Was würde Kerstin so einem Bewerber raten? Wie würde denn das in der Realität aussehen?
Tatsächlich auch wieder so. Einmal tief durchatmen, sich die Frage stellen: Ist das wirklich meine eigene Angst und du wirst feststellen, zu 99 Prozent ist es nicht deine eigene Angst. Diese Angst steckst du in einen Umschlag und schickst ihn zurück an den Absender. Dann atmest du nochmal durch und machst die Tür auf und gehst rein. Dann ist das Leben sehr, sehr viel leichter.
Und was würden wir sagen, wenn ein Mensch im Flugzeug sitzt und Flugangst hat?
Auch da hatte ich selber mal einen Freund, dem ich das auch geraten habe und der sagte: „Du glaubst gar nicht wie leicht sich das plötzlich angefühlt hat. Das war so easy.“ Der hat dann einen 76-Stunden-Trip um die Welt gemacht.
Kirsten, ich danke dir an dieser Stelle herzlich für deinen Besuch hier in meinem digitalen Mut Café. Du bist meine Mutmacherin, die bis jetzt nicht aufgegeben hat. Mit was für einem Gefühl verabschiedest du dich jetzt?
Ich verabschiede mich sehr erleichtert und ich bedanke mich sehr herzlich für diese Gelegenheit, dass du mir auch Mut gemacht hast, mit dir diesen Schritt zu gehen. Vielen Dank!
Vielen Dank für das Gespräch!
Unterstützen Sie Kirsten Altvater!
IBAN: DE20 3806 0186 4915 9900 16
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